Wie die Plattformökonomie Markt und Zukunft verändert

Experten sehen die Plattformökonomie als den Motor der digitalen Transformation. Viele Online-Unternehmen setzen mittlerweile auf eine Plattformökonomie, insbesondere wegen dem Vorteil, dass damit auf jegliche Produktionskapazitäten verzichtet werden kann. Zudem profitieren sie von unzähligen digitalen Daten und Werbeeinnahmen und einer damit verbundenen kaum vorstellbaren Marktmacht, und das ohne selbst mit Waren oder Dienstleistungen zu agieren. Vielmehr handelt es sich dabei um Online-Marktplätze, welchen vor allem Netzwerkeffekte zugutekommen: Je spannender das Angebot, desto mehr Personen nutzen die Plattform. Je mehr Personen die Plattform dann nutzen, desto beliebter wird das Angebot und es ergibt sich ein rasanter Anstieg an Nutzern, Bekanntheit und schliesslich auch Erfolg.

Eine kritische Betrachtung der Plattformökonomie aus sozialer und politischer Sicht

So positiv sich das wirtschaftlich anhören mag, so bringt es dennoch einige sozialkritische und ebenso juristische Problempunkte mit sich. Insbesondere die Organisationskultur des Arbeitsmarktes wird durch die Plattformökonomie erheblich verändert. Häufig werden unabhängige Arbeiter beauftragt, welche dadurch oftmals nicht ausreichend kranken- und pensionsversichert sind und folglich wesentliche Nachteile im Vergleich zu einer regulären Anstellung haben.

Dem wird in Europa jedoch bereits entgegengesetzt: Uber zum Beispiel stellt dort mittlerweile Arbeiter als vollwertige Angestellte an und ist verpflichtet, das klassische Arbeitsrecht sowie das existierende Taxi- und Transportgesetz einzuhalten. Bisher hat Uber international aber auf die falsche Taktik gesetzt, denn anstatt eine proaktive und sozial-nachhaltige Strategie zu wählen und mit Behörden, Politik und Versicherungsgesellschaften gemeinsam ein nachhaltiges Modell zu finden, sind Bemühungen lediglich auf die Schadensbegrenzung gerichtet worden.

Die Zukunft der Plattformökonomie – Was ist zu erwarten?

Durch die Vergangenheit können bereits einige Entwicklungen festgestellt und ebenso vorhergesagt werden. Einzuteilen sind diese fundamentalen Entwicklungen in sogenannte “softe Signale”, welche wir nun nachfolgend genauer betrachten.

Plattformen verbinden – beispielsweise Menschen. Denn sie schaffen nicht nur eine Vernetzung, sondern auch einen Austausch und einen Mehrwert, sowohl für den Nutzer als auch für den Anbieter. Ebenso zentralisieren und überwachen die Plattformen beispielsweise Märkte und Menschen. Letzteres erfolgt insbesondere durch die unzählige Menge an Daten, welche von den Unternehmen kontinuierlich gesammelt und ausgewertet werden. Es werden nicht nur Kaufabsichten, Interessen, Altersgruppen und Orte, sondern auch viele weitere Verhaltensweisen, Zusammenhänge u.v.m. registriert und gespeichert. Natürlich tragen die grossen Plattformen ebenfalls zu einer grossen Markt- und Produktentwicklung bei und gestalten mit ihrem Angebot und den verschiedenen Dienstleistungen beides wesentlich mit. Einige von ihnen schaffen es schliesslich auch, Märkte zu dominieren und sich so als Gatekeeper mit eigenen Standards erfolgreich zu positionieren. Ihr Besitz wird stetig unglaublich gesteigert, denn sie erobern nicht nur viele Marktanteile, sondern profitieren dadurch auch von einem grossen Mass an Kapital und einer Vielzahl an Menschen, welche für das Unternehmen arbeiten und so alles noch rasanter vorantreiben.

Amazon, Google & Co. sind typische Beispiele im Bereich der Plattformökonomie. Anhand von ihnen ist bereits zu erkennen, welcher Strategie in Zukunft nachgegangen wird. Vor allem wird danach gestrebt, über die bereits eroberten Märkte hinaus auch noch weitere für sich zu gewinnen und ebenso bestehende zu dominieren und zu übernehmen. So geht Uber diesen Schritt mit Uber Eats und bietet zusätzlich die Auslieferung von Essen an, während hierbei auf einen ganz neuen Markt gesetzt wird. Diese Diversifikation könnte noch viel weiter gehen und zukünftig ebenso die Auslieferung von Paketen von bestimmten Onlineshops, aber auch von eigenen Uber-Produkten beinhalten. Denkbar wäre auch eine Kooperation mit lokalen Schulen und Behörden und einen damit verbundenen Fahrdienst. Auch Transporte von Produktionsmaterialien, beispielsweise im B2B-Bereich, könnte womöglich schon in naher Zukunft und ohne grösseren Aufwand seitens des Unternehmens verfolgt werden.

Amazon weist ebenfalls bereits verschiedenste Anzeichen für einen strategischen Ansatz der Diversifikation auf, so zum Beispiel mit Amazon Basics, Amazon Fresh, Amazon Essentials, Mama Bear u.v.m. Die jeweils eigenen Marken dringen bei einer solchen Diversifikation in die klassischen Märkte ein und verschmelzen sich dadurch regelrecht mit dem ursprünglichen Plattformansatz, was folglich natürlich zu noch mehr Macht und Marktdominanz führt.

Welches Risiko in der Diversifikation der Unternehmen liegt

Durch die Intelligenz der Plattformen und dem nahezu unbegrenzten Kapital können dominante Plattformeffekte entstehen, welche die klassischen, konservativen Märkte wahrlich auf den Kopf stellen. Diese Art von Diversifikation wäre somit ein Beispiel für eine mögliche Definition von innovativen und schöpferischen Wandlungsprozessen, welche für verschiedenste Märkte und Personengruppen Risiken und vor allem auch grosse Veränderungen herbeiführen würde.

Ein positiver Ausblick – Was wäre möglich?

Prinzipiell geht es durch die Zentralisierung von Daten, Kapital und Macht um das philosophische Grundproblem der grossen Plattformen wie Amazon, Google, Uber usw. Aus diesem Grund wäre es vorteilhaft, wenn die Marktmacht der grossen Gatekeeper-Plattformen reduziert werden würde. Dies könnte beispielsweise durch die Verhinderung einer Zusammenführung von Datensätzen aus unterschiedlichen Diensten ermöglicht werden. Dafür sollte der Benutzer als Minimalstandard das Recht erhalten, adäquat über die eigenen Daten zu verfügen. Auch sollte die Doppelrolle als Anbieter und Marktplatz kritisch betrachtet und unterbunden werden. Hierbei könnte beispielsweise der Marktplatz vom Anbieter entkoppelt und demokratisiert werden. Hinzu käme noch eine Ergänzung des Wettbewerbsrechts, hierbei sollte die Option vorhanden sein, Gatekeeper-Plattformen von bestimmten Unternehmensbereichen zu entkoppeln. So sollten sich Amazon-Händler etwa von gewissen Amazon-Prozessen schnell und einfach loslösen können und so über mehr Freiheit und Spielraum verfügen.

Sind Förderungen ein erster guter Ansatz?

Förderungen von teilhaberorientierten Plattformen im Recht sind ein weiteres positives Signal. Plattformen, welche bewusst Abhängigkeitsverhältnisse reduzieren, sollten auch dafür belohnt werden und es könnten so aussichtsreiche und optimistische Anreize geschaffen werden. Auch das Konzept der Genossenschaft sollte in Betracht gezogen werden. So lässt sich der Genossenschaftsgedanke gut in das digitale Zeitalter transportieren: Wieso kann eine Plattform nicht den Menschen selbst gehören? Diesbezüglich sind die Besitzverhältnisse der etablierten Plattformen frontal in Frage zu stellen. So müssen die rein privatrechtlich geführten Besitzverhältnisse nicht die beste Organisationsform für Plattformökonomien sein. Ebenso sollte es in Märkten, wo internationale Grosskonzerne wie Amazon und Google ihre Marktmacht bereits nahezu flächendeckend ausgeweitet haben, öffentliche Gegengewichte geben, welche mehr Ausgeglichenheit in den Sachverhalt bringen würden.

Diese Massnahmen könnten allesamt jeweils die individuelle, digitale Souveränität und insbesondere auch eine werteorientierte Plattformökonomie fördern. Das würde bedeuten, dass beispielsweise Abhängigkeitsverhältnisse reduziert und so gleichzeitig neue Freiheitsräume geschaffen werden und ebenso, dass das demokratische Mitspracherecht der Menschen gestärkt werden würde. Auf diese Weise könnte verhindert werden, dass ein internationaler Konzern wie Amazon nahezu allein vorgibt, wie wir künftig einkaufen, bezahlen und konsumieren. Oligopole, sogenannte Alleingänger der Tech-Giganten, könnten so nicht dominant definieren, wie wir in Zukunft leben werden. Denn die Interessen der breiten Masse in der Gesellschaft werden durch diese wohl nicht immer primär vertreten. Die Politik hat hier die Chance, in die Macht der Giganten einzugreifen und sollte im Interesse aller Menschen regulierend einschreiten und Grenzen setzen.

Wirkung der Plattformökonomie auf die Generationen: Wie empfindet die jüngere Generation diesen Wandel?

Insbesondere die jüngere Generation (Z) wächst inmitten der Digitalisierung mit intensiven Signalen der modernen Technologien und der Plattformökonomien auf und nimmt diese bereits für selbstverständlich. Hierbei ist es wichtig, dass bereits früh an einer kritischen Medienkompetenz sowie an Aufklärungsarbeit gearbeitet wird. In einem zweiten Schritt sollten dann die demokratischen Mitspracheorgane ausgebaut werden, sodass diese sozialpolitischen Instrumente durch eine Modernisierung erfolgreich und zielführend in das 21. Jahrhundert transportiert werden. Beispielsweise könnte dies durch spezielle Betriebsräte für Plattformen realisiert werden. Neben klassischen Anteilseignern (Shareholdern) sollten zudem noch neue Modelle von Gesellschaften entstehen, welche das bestehende und nicht ausreichende Modell mit einem werteorientierten und nachhaltigen Handeln der Geschäftsfelder ersetzen würden.

Fazit

Die Plattformökonomie bringt sicherlich zahlreiche Vorteile und enorme Wachstumspotenziale mit sich, allerdings darf dabei der soziale Aspekt nicht aus den Augen verloren werden. Daher sollte dieser Wandel kritisch begutachtet werden und es ist insbesondere wichtig, dass nicht nur seitens Politik und Recht an einem Strang gezogen wird, sondern ebenso, dass sich die Gesellschaft für Ihre Rechte einsetzt und insbesondere die jüngere Generation rechtzeitig über die verschiedenen Vor- und Nachteile aufgeklärt wird. Dann steht einer erfolgreichen Zukunft nichts mehr im Wege.

Von Simon Hegland

Digitaler Experte, Nerd & Designer. Begeisterter Manager im Bereich der Digitalisierung und Transformation. Erfahren Sie mehr über mein Profil oder kontaktieren Sie mich bei Fragen und persönlichen Anliegen.

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